Widerruf von Darlehen für Immobilien, privaten Kleinkrediten sowie gewerblichen Darlehen und Leasingverträgen gem. EUGH Entscheidung vom 26.03.2020

Widerruf von Darlehen für Immobilien, privaten Kleinkrediten sowie gewerblichen Darlehen und Leasingverträgen gem. EUGH Entscheidung vom 26.03.2020

© Zacarias de Mata, Fotolia #65057503

Die Entscheidung des EUGH wurde per 26.03.2020 bekannt gegeben und findet Anwendung für alle privaten und gewerblichen Kredit/Darlehensverträge incl. Leasing,… . Es ist abzuwarten inwieweit wirklich die Klauseln aller Banken und Finanzdienstleister fehlerhaft sind und wie neben dem Landgericht auch das BGH auf diese Entscheidung reagiert.

Inhalt:

  1. Ablaufplan für jeden Darlehens- / Kredit- oder Leasingnehmer
  2. Entscheidung des EUGH in der Zusammenfassung und juristische Verlautbarung von dejure
  3. Link zum kompletten Wortlaut

1. Ablaufplan

Daher auch in der aktuellen Situation beachten Sie die nachfolgenden Punkte:

  1. Prüfen Sie erst ob ihre Widerrufsklausel fehlerhaft ist, sonst betreiben Sie umsonst Aufwand. – Konsultieren Sie ggf. spezialisierte Anwälte
  2. Prüfen Sie Ihre eigene Situation – sofern Sie in der aktuellen Lage über eine sehr gute Bonität verfügen und das voraussichtlich auch so bleiben wird, können Sie die nächsten Schritte prüfen, anderen falls sollten Sie Abstand nehmen von diesem Vorhaben um nicht mit einer fristlosen Darlehenskündigung allein dazustehen
  3. Klären sie zu welchen Konditionen sie eine neue Finanzierung erhalten, beachten Sie die teilweise härteren Vorgaben zu Sicherheiten und Liquiden Mitteln in der aktuellen Situation und lassen Sie sich nicht nur durch Zinssätze blenden, wenn Sie diese zum Schluss nicht erhalten, weil die vorhergehenden Punkte nicht geprüft/erfüllt wurden.
  4. Fragen Sie Ihre Bank erst mündlich an wie Sie dazu steht bzw. lassen Sie unverbindlich Anfragen , die Entscheidung ist frisch erlassen wurden. Rechnen Sie nicht mit einem Entgegenkommen nur weil Sie deswegen anrufen.
  5. Bevor Sie in Verhandlungen mit Ihrer Bank treten, was beim letzten Widerrufsjoker nur in den wenigsten mir bekannten Fällen positiv verlaufen ist, kümmern Sie oder lassen Sie sich vorab die Anschlussfinanzierung/Umfinanzierung prüfen und geben Sie auch an das es aufgrund des Widerrufes einher geht. Es gab beim letzten Widerrufsjoker eine große Anzahl an Banken welche die Umfinanzierung deswegen ablehnten. Nutzen Sie dafür einen Finanzberater mit Zulassung nach 34i GewO.
  6. Der nächste Schritt findet schriftlich statt. Lassen Sie von einer dazu qualifizierten Person/unabhängigen Finanzberater mit Zulassung nach 34iGewO eine Anfrage vornehmen zur Darlehensumstellung bei der finanzierenden Bank, wenn möglich als Vermittleranfrage. Beachten Sie Punkt 1. Und 2. Sollte die Anfrage verneint werden senden Sie den Wiederspruch und lassen Sie sich vor Absendung eine schriftliche Finanzierungsbestätigung der neuen Bank geben.
  7. Warten Sie auf die Reaktion und unterschreiben Sie keinesfalls irgendeinen neuen Kreditvertrag bevor Sie nicht mit Gewissheit die Bestätigung und den Ablösetermin kennen.
  8. Erwarten Sie bitte nicht dass diese Arbeiten kostenfrei erledigt werden, da es seitens der Banken voraussichtlich wieder keine Vergütungen/Provisionen dafür gezahlt werden

2. Die Entscheidung des EUGH

Viele ab Juni 2010 abgeschlossene Darlehensverträge zur Immobilienfinanzierung müssten rückabgewickelt werden. Denn die von der Sparkasse verwendete Widerrufsklausel findet sich in den Kreditverträgen zahlreicher Sparkassen und Banken.

In der Folge könnten die Darlehensnehmer dann neue und vermutlich günstigere Kreditverträge abschließen – ohne dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Kreditinstitute den Widerruf der Kunden sofort anerkennen werden. Vielmehr wird zur Durchsetzung der Ansprüche aller Voraussicht nach anwaltliche Unterstützung nötig sein. Doch das EuGH-Urteil sorgt dafür, dass die Chancen von Verbrauchern so gut wie nie zuvor sind, vom Widerrufsjoker zu profitieren.

Die Widerrufsklausel wurde so auch in vielen gewerblichen Darlehen, Kleinkrediten und Leasingverträgen eingesetzt, wodurch die Entscheidung auch für diese Verträge Anwendung finden würde.

Eine weitere  Gruppe, für die das Urteil interessant ist, sind alle, die nach Juni 2010 mit einem Kredit- oder Leasingvertrag z.B. ein Auto finanziert haben.

Hier führt der Widerruf der Finanzierung in den meisten Fällen dazu, dass das Fahrzeug zurückgegeben werden kann. Der Kunde sollte dabei seine Anzahlung und sämtliche Raten zurück erhalten.

Verlautbarung:

Darlehensverträge müssen klare und für Verbraucher verständliche Hinweise auf den Beginn von Widerrufsfristen enthalten. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag zu einem Fall aus Deutschland klargestellt (Urt. v. 26.03.2020, Az. C-66/19). Hintergrund ist ein Rechtsstreit der Kreissparkasse Saarlouis mit einem Kunden. Entschieden wird er vor dem Landgericht (LG) Saarbrücken.

Der Sparkassenkunde hatte dort 2012 einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit über 100.000 Euro zu 3,61 Prozent Zinsen aufgenommen. 2016 wollte er ihn widerrufen – obwohl die Widerrufsfrist im Vertrag mit 14 Tagen angegeben war. Er monierte nachträglich die Vertragsklausel zum Widerrufsrecht.

Demnach sollte die 14-tägige Frist zum Widerruf des Vertrags beginnen, sobald der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erhalten habe, z. B. Angaben zur Art des Darlehens, zum Nettodarlehensbetrag und zur Vertragslaufzeit. Diese Pflichtangaben wurden im Vertrag selbst aber nicht aufgeführt. § 492 Abs. 2 BGB wiederum verweist auf weitere Rechtsvorschriften, etwa das Einführungsgesetz zum BGB.

So geht es aus Sicht des EuGH nicht. Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des LG Saarbrücken stellten die Richter klar, dass eine solche Belehrung nicht ausreiche, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Dementsprechend kann ein Verbraucher in solchen Fällen den sogenannten Widerrufsjoker ziehen, also den Widerruf noch lange nach der ursprünglich beabsichtigten Frist erklären.

Die EU-Richtlinie über Verbraucherkreditverträge solle Kunden ein hohes Maß an Schutz bieten, urteilte der Gerichtshof. Kreditverträge müssten deshalb klar und prägnant die Bedingungen für die Widerrufsfrist darlegen. Eine „Kaskadenverweisung“, wie es in der Mitteilung des EuGH heißt, auf unterschiedliche Paragrafen im nationalen Recht biete diese Klarheit nicht, die Klausel Fall entspreche somit nicht den Erfordernissen.

Grund ist der sogenannte Kaskadenverweis, der sich in den Widerrufsbelehrungen von Kreditverträgen findet. Dabei geht es darum, welche Informationen ein privater Kreditnehmer von seiner Bank erhalten muss, damit die reguläre Widerrufsfrist von 14 Tagen zu laufen beginnt.

Das Problem dabei: In den standardisierten Widerrufsbelehrungen werden diese sogenannten Pflichtangaben nicht übersichtlich aufgezählt. Stattdessen wird auf „§492 Abs. 2 BGB“ verwiesen. Dort wiederum findet sich ein Verweis auf andere Gesetzesstellen. Der Verbraucher wird quasi auf eine Schnitzeljagd über mehrere Gesetzesbücher geschickt, auf der er sich die nötigen Informationen mühsam zusammensuchen muss – deshalb sprechen Kritiker auch vom Kaskadenverweis.

3. Der komplette Wortlaut: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=224723&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

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