Wie Sie Wohn-Riester am besten einsetzen

Wie Sie Wohn-Riester am besten einsetzen

Der Staat unterstützt die Anschaffung eines Hauses oder einer Wohnung mit Zulagen und Steuervorteilen. Wir erklären, wie Wohn-Riester funktioniert.

Auf den ersten Blick verblüffen die Zahlen: Während die Riester-Rentenversicherung unter heftiger Kritik leidet, erlebt staatlich gefördertes Wohn-Riester – auch Eigenheimrente genannt – wahre Höhenflüge. Nach den neuesten Daten des Bundesarbeitsministeriums haben im dritten Quartal 2012 rund 55 000 Kunden neue Wohn-Riester-Verträge abgeschlossen. Das sind rund 70 Prozent des gesamten Riester-Neugeschäfts.

Doch die boomende Nachfrage wundert Fachleute keineswegs. „Wohn-Riester ist erheblich charmanter als andere Riester-Formen“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten. Er ist ein scharfer Kritiker der Riester-Rentenversicherungen, da die Anbieter seiner Meinung nach mit zu hohen Lebenserwartungen kalkulieren und den Kunden dann zu geringe Renten auszahlen. Zwar gibt es die Riester-Rente auch als Banksparplan oder Investmentfondsvertrag. Doch ein Teil des Kapitals wandert im Alter auch hier in eine Versicherung, damit eine lebenslange Rente gewährleistet ist. „Wohn-Riester ist die einzige Möglichkeit, nicht am Ende wieder einen Versicherer als Vertragspartner zu haben“, so Kleinlein.

Bei dieser Riester-Form gibt es keine Rentenzahlungen. Stattdessen unterstützt der Staat mit Zulagen und Steuervorteilen den Bau oder Kauf eines selbst genutzten Hauses oder einer Eigentumswohnung sowie den Erwerb von Wohnungsgenossenschaftsanteilen. Und künftig sollen Kunden Wohn-Riester-Verträge auch für den behindertengerechten oder barrierefreien Umbau der eigenen vier Wände nutzen können. Ein entsprechendes Gesetz ist in Arbeit. „Wer plant, ein Haus zu kaufen oder zu bauen, sollte Wohn-Riester auf jeden Fall prüfen“, sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Dank der staatlichen Förderung könnten Bauherren die Gesamtkosten der Finanzierung um mehrere Tausend Euro senken.

Voraussetzungen für die staatlichen Zulagen

Zu den Fakten: Bei Wohn-Riester erhalten Häuslebauer eine Grundzulage von 154 Euro im Jahr. Die können sie in Sparverträge für die eigene Immobilie investieren oder zur Darlehenstilgung verwenden. Zusätzlich gibt es für jedes Kind 185 Euro Zulage, für nach 2008 geborenen Nachwuchs sogar 300 Euro. Um die Zulagen in voller Höhe zu erhalten, müssen Kunden jährlich mindestens vier Prozent ihres Einkommens, maximal 2100 Euro, für Wohn-Riester aufwenden. Die Zulagen werden dabei eingerechnet. Einzahlungen oder Tilgungsleistungen können sie zudem steuerlich via Sonderausgabenabzug geltend machen.

Produkte und Strategien zum Wohn-Riestern

Je nachdem, in welcher Situation sich der werdende Hausbesitzer befindet, bieten sich unterschiedliche Produkte und Strategien zum Wohn-Riestern an: Wer Angebote sucht, wird vor allem bei Bausparkassen wie Schwäbisch Hall, Wüstenrot oder BHW fündig. Kunden, die erst in einigen Jahren ein Haus bauen oder kaufen wollen, wird in der Regel ein Riester-geförderter Bausparvertrag angeboten. Hier spart der Kunde die vereinbarte Bausparsumme über mehrere Jahre bis zu einem gewissen vertraglich festgelegten Prozentsatz an. Auf seine Einzahlungen erhält er Guthabenzinsen. Die Differenz zwischen angespartem Betrag und Bausparsumme gewährt die Bausparkasse als Darlehen, sodass der Kunde bei Zuteilung über die volle Summe verfügen kann. Riester-Zulagen gibt es dabei in der Spar- sowie in der Darlehensphase. Bei Bausparverträgen sind die Guthabenzinsen äußerst mager. Dafür gilt der bei Vertragsabschluss festgelegte Darlehenszins für die gesamte Vertragslaufzeit – auch wenn die Zinsen am Markt ansteigen.

„Wer sich noch nicht ganz sicher ist, ob er wirklich später eine Immobilie haben will, sollte überlegen, lieber auf einen kostengünstigen Riester-Banksparplan auszuweichen“, rät Scherfling. So bleibt der Kunde flexibel: Entschließt er sich nicht zu bauen, kann er sich das Geld als Riester-Rente auszahlen lassen. Bleibt er bei seinen Bauplänen, kann er Kapital aus dem Vertrag entnehmen und als Eigenkapital für die Immobilie verwenden.

Ein Ehepaar, 30 und 40 Jahre alt, mit zwei Kindern im Alter von zwei und fünf Jahren, steht vor der Wahl, ein ungefördertes Annuitätendarlehen über 150 000 Euro aufzunehmen oder zwei Riester-Darlehen über jeweils 75 000 Euro. Nach 15 Jahren erfolgt eine Anschlussfinanzierung. Überraschende Erkenntnis: Am Finanzierungsende hat die Familie mit den Wohn-Riester-Darlehen gegenüber dem ungeförderten Kredit 37 099 Euro gespart, die sich durch Anlage bis zum Rentenbeginn auf 40 400 Euro aufsummieren. Davon bleiben nach Besteuerung des Wohnförderkontos 7100 Euro (Einmalbesteuerung) beziehungsweise 6488 Euro (ratierliche Besteuerung) als Riester-Vorteil übrig.

Bausparkassen locken mit Kombikrediten

Kunden, die sofort bauen wollen, können sich bei Riester-geförderten Darlehen oder Riester-Kombikrediten bedienen. Während die Angebote an Riester-Darlehen rar sind, haben viele Kombikredite im Programm. Dabei erhält der Kunde ein Vorausdarlehen, für das er zwar Zinsen zahlt, es aber nicht tilgt. Stattdessen zahlt er in einen Bausparvertrag ein. Ist dieser zuteilungsreif, wird das Vorausdarlehen abgelöst. Danach muss der Kunde noch den Bausparkredit abzahlen. „Im Gegensatz zum Riester-Darlehen, bei dem die Zinsen für zehn bis 15 Jahre gelten, sind bei einem Kombikredit die Zinsen über die komplette Laufzeit festgelegt“, sagt Marcus Weismantel, Finanzierungsexperte bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Das erhöht die Planungssicherheit.

Zulagenoptimierte und steueroptimierte Variante

Allerdings bringt auch ein reines Riester-Darlehen Vorzüge, da der Kredit von Anfang an und nicht wie im Kombikreditmodell erst nach Jahren getilgt wird. „Für jeden getilgten Euro spart der Kunde zukünftig die teuren Darlehenszinsen“, sagt Scherfling. Welche Variante vorteilhafter ist, sollte der Bauherr vorher genau gegenrechnen. Und auch Hausbesitzer, die ihre Immobilie ohne Riester-Förderung finanziert und keine Riester-Rente abgeschlossenen haben, besitzen die Möglichkeit, Wohn-Riester zur Anschlussfinanzierung zu nutzen: Sie können auf ein Riester-Darlehen umsatteln, wenn die Zinsbindung ihres Kredits ausläuft. Das ist allerdings nur möglich, wenn das Haus nach 2007 gekauft oder gebaut worden ist. Ist die Immobilie älter, gibt es noch ein Schlupfloch: Hausbesitzer können sich zu Rentenbeginn mithilfe eines Riester-Produkts entschulden. Der Unterschied zwischen einer Riester-geförderten und der ungeförderten Variante kann deutlich ausfallen. Vor allem Familien mit vielen Kindern können durch die hohen Zulagen die Kosten der Finanzierung drastisch reduzieren. „Aber auch für Singles lohnt sich Wohn-Riester“, sagt Weismantel. Bei gut verdienenden Singles fallen vor allem Steuervorteile ins Gewicht. „Kunden können bei Wohn-Riester zwei unterschiedliche Strategien verfolgen: Eine zulagenoptimierte und eine steueroptimierte Variante“, erklärt Scherfling.

Bei der zulagenoptimierten Variante zahlen Häuslebauer so viel in ihren Sparvertrag ein beziehungsweise tilgen so viel von ihrem Darlehen, dass sie die maximale Zulage erhalten. Bei einem Einkommen von 40 000 Euro wären das vier Prozent oder 1600 Euro jährlich. Bei der zweiten Variante wird der Höchstbetrag zur Ausnutzung der maximal abzugsfähigen Sonderausgaben in Höhe von 2100 Euro gezahlt. Bei der Steuererklärung vergleicht das Finanzamt den Steuervorteil durch Wohn-Riester mit der Höhe der erhaltenen Zulagen. Ist der Steuervorteil höher, wird dem Kunden die Differenz als Steuergutschrift erstattet. Da Singles nur die Grundzulage von 154 Euro erhalten, fällt bei ihnen dieser Vorteil höher aus als bei Familien. „Wenn Singles diese Steuergutschrift zur Darlehenstilgung nutzen, sind sie schneller schuldenfrei“, sagt Weismantel von Schwäbisch Hall.

Aufgepasst bei der nachgelagerten Besteuerung

Wer auf Wohn-Riester setzen will, sollte sich allerdings nicht von Zulagen und Steuervorteilen blenden lassen, sondern auch die nachgelagerte Besteuerung im Alter mit ins Kalkül ziehen. Dazu bildet das Finanzamt ein fiktives Konto, das sogenannte Wohnförderkonto. Dort landen Sparbeiträge, Tilgungsleistungen und Zulagen. Der Betrag wird derzeit mit jährlich zwei Prozent verzinst. Bei Rentenbeginn muss sich der Pensionär entscheiden, ob er das fiktive Kapital bis zum 85. Lebensjahr mit seinem persönlichen Steuersatz versteuert oder seine Schuld auf einen Schlag begleicht. Dann gibt es 30 Prozent Rabatt.

Welche Variante empfehlenswerter ist, hängt von der individuellen Situation ab. „Für einen Gutverdiener, der auch als Rentner den höchsten Steuersatz zahlen muss, kann der 30-prozentige Rabatt vorteilhaft sein“, sagt Scherfling. Immerhin winken beim Wohnförderkonto Erleichterungen. Die Bundesregierung will die Verzinsung von zwei auf ein Prozent heruntersetzen. Das mindert die Steuerschuld. Zudem soll der Kunde jederzeit den Restbetrag auf einen Schlag versteuern können.

Vergleichen lohnt sich

Auch wenn die Vorteile durch Wohn-Riester die Nachteile der nachgelagerten Besteuerung überwiegen, sollten Kunden immer einrechnen, dass etwas schiefgehen kann. So kann es passieren, dass ein Paar steuerlich mit dem Splitting-Tarif kalkuliert, aber ein Ehepartner zu Rentenbeginn stirbt. Dann könnte sich die Steuerbelastung des verbleibenden Partners erhöhen. „Das kann die ganze Kalkulation über den Haufen werfen“, sagt Scherfling. Kunden, die eine ungeförderte Finanzierung nicht stemmen können und nur mit Riester in den grünen Bereich kommen, sollten sich den Immobilienkauf noch einmal genau überlegen. „Wenn das auf Kante genäht ist, ist davon eher abzuraten“, sagt Scherfling. Nur wer einen Bau oder Kauf auch ohne Riester verkraften kann, sollte eine Wohn-Riester-Förderung prüfen. Der Vergleich mit einem ungeförderten Darlehen sei dabei „unverzichtbar“.

Den Vertrag clever einsetzen

Wer schon geriestert hat, kann das Geld grundsätzlich als Eigenkapital verwenden“, sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Momentan ist das aber an einige Voraussetzungen gebunden. „Die Entnahme ist bis zu 75 Prozent oder zu 100 Prozent möglich“, erklärt Klaus Hötzel, Wohn- Riester-Experte bei Wüstenrot & Württembergische. Zudem müssen die Kunden entnommenes Kapital binnen einem Jahr in den Kauf oder Bau einer Immobilie investieren.

Ein zweites Zeitfenster öffnet sich, wenn der Hausbesitzer in Rente geht. „Es ist auch möglich, Guthaben aus Riester-Sparverträgen zu Beginn der Auszahlungsphase zur Entschuldung von selbst genutztem Wohneigentum zu verwenden“, sagt Hötzel. Die Entnahmemöglichkeiten will der Gesetzgeber nun noch weiter verbessern: Kunden sollen auch schon vor der Rente die Möglichkeit haben, Geld aus ihrer Riester-Rente für die Tilgung eines Immobiliendarlehens zu verwenden. Zudem können Kunden künftig das entnommene Geld nicht nur zum Neukauf oder zum Bau einer Immobilie verwenden, sondern auch zum altersgerechten Umbau einer bestehenden Wohnung.

Die Entnahmegrenzen von 75 und 100 Prozent sollen entfallen – sehr zum Ärger der Versicherungswirtschaft. Sie fürchtet, dass viele Kunden dann Kleinstbeträge in ihren Policen stehen lassen, die den Verwaltungsaufwand nicht wert sind.

Quelle: http://www.capital.de/investment-newsbeitrag/wie-sie-wohn-riester-am-besten-einsetzen.html