Anlagestrategien und Chancen im Niedrigzinsumfeld

Anlagestrategien und Chancen im Niedrigzinsumfeld

Aktuell sollte jeder sein Portfolio überprüfen, dies betrifft sowohl die Anleger als auch die Berater.

Heute geht es nicht mehr nur um statische Produkte wie Indexfonds, welche eins zu eins den Dax abbilden, vielmehr ist die Flexibilität und die Strategie der einzelnen Fondsmanager der entscheidende Punkt.

Die aktuelle Zinsentwicklung zeigt, dass selbst wenn sich an diesem Zinsniveau in den kommenden Jahren nichts ändert, sich im Bereich der Anleihen und Rentenmärkte und damit natürlich auch den klassischen Rentenfonds kaum mehr Geld verdienen lässt. Bei einem Anstieg der Zinsen würde dies noch negativere Konsequenzen in Form von Kurs- und damit Vermögensverlusten bedeuten.

Deshalb waren in letzter Zeit vermögensverwaltende Fonds der Renner am Markt. Dennoch bewiesen die letzten Wochen, dass auch dort nur wenige Manager wirklich erfolgreich auf abrupte Marktphasen reagiert haben, in denen nahezu alle Assett-Klassen verloren haben (egal ob Renten, Aktien, Währungen oder Rohstoffe).

Wer höhere Schwankungen und stärkere Verluste nicht eingehen möchte, sollte zukünftig auf absolut Return Fonds setzen. Doch auch da gilt nicht alles auf eine Karte zu setzen.

Die aktuellen Marktphasen sind gut um die Qualität der Fondsmanager und ihre Reaktionen zu testen. Dass bei Anlagen mit höheren Risiken es natürlich auch zu Verlusten kommen kann, gehört mit dazu, aber nur solange dies mit der Anlagestrategie und der gewünschten Risikotragfähigkeit des Vermögens übereinstimmt.

Mythen und Lösungen:

Aktien schützen vor Inflation – eine Langzeitstudie der Credit Suisse und der London School of Economic (LSE) über 112 Jahre (1900 bis 2012) untersuchte den Zusammenhang zwischen realen Aktienerträgen und Inflationsrate. Darin wurde bewiesen, das beide eng miteinander zusammenhängen. Was die Studie aber auch zeigt, ist, dass bei 5% und mehr Inflation, die Renditen aus Aktien schnell kippen. Jahre mit Inflationsschüben sind in der Vergangenheit in den meisten Fällen sehr schlechte Aktienjahre gewesen. Kommt eine Inflation, schmilzt das Vermögen der Sparer , Konsumenten halten sich mit Käufen zurück, Unternehmen mit Investitionen, Firmengewinne brechen ein – die Aktienkurse fallen auf breiter Front. Daher lohnt es sich in diesen Fällen abzuwarten und in inflationsindexierte Anlagen zu investieren.

Immobilien sind sicher – Langfristig gesehen haben sich vor allem A-Städte (München, Frankfurt, Hamburg,…) bewährt. Diese sind aber bereits sehr teuer geworden. Interessanter sind jetzt Studentenstädte, wie Freiburg, Göttingen,… . Zu beachten gilt: Dass Immobilien auch für Zeiten existenzieller Krisen wie Hyperinflation oder Krieg eine exzellente Anlage sind, haben Forscher widerlegt. Die Immobilienrenditen wurden meist im Nachhinein durch den Staat geschmälert. Bsp. : Nach dem ersten Weltkrieg erhob das Deutsche Reich eine Hypothekengewinnsteuer. Dies traf alle Immobilien, die auf Kredit gekauft und von der Inflation entschuldet wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg verteilte der Staat mit dem Lastenausgleichsgesetz erneut Geld an die Kriegsgeschädigten um. Was uns mit der EU bevorsteht, wird abzuwarten sein.

Gold hat immer einen Wert – Wie ist die jährliche Rendite von Gold? Nahe NULL Prozent gemessen von 1801 bis 2006. In dieser Zeit sind aus 1 Dollar, der in Gold investiert wurde, inflationsbereinigt gerade einmal 1,95 Dollar geworden. Macht weniger als 0,5% pro Jahr. Der Kauf eines breit gestreuten Aktienkorbs hätte 755 Dollar gebracht. Ermittelt wurde dies von Jeremy Siegel, Professor für Finanzwissenschaften der Universität Wharton (USA). Bei Gold gilt: „Wenn die Angst vorüber ist, verliert es an Wert!“ Langfristig hat sich Gold als Werterhaltend erwiesen, doch der Goldpreis hat gerade Extremszenarien wie das Ende des Euro schon eingepreist und eine sehr hohe Inflation vorweggenommen. Blieben solche Szenarien aus, müsste der Goldpreis weiter fallen.

Hohe Dividenden schützen – Richtig ist, wer auf Dividenden verzichtet, verschenkt Rendite. Das beweist der DAX-Performance-Index. Wer 1987 zehntausend Euro investierte, verbucht heute ca. 80000 Euro, hätte man nur in den Kursindex des DAX investiert, ohne Dividenden, wären es nur 43000 Euro. Dabei schlägt der Zinseszinseffekt von Dividenden um so stärker zu Buche, je länger der Betrachtungszeitraum gewählt wird. Durch Reinvestition des Ertrages wird das Vermögen entsprechend gehebelt. Nur in einem Fall sollten Anleger, sofern sie auf ein Direktinvestment statt auf ein gut verwaltetes Investment gesetzt haben, beachten: Wenn Firmen Dividenden dauerhaft aus der Reserve zahlen, müssen Sie Ihre Aktionäre über schlechte Ergebnisse hinwegtrösten.

Rohstoffe / Seltene Erden – Rund 97% der globalen Produktion an Seltenen Erden kommen aus China, auf Platz zwei und drei sind Länder wie Indien und Brasilien. Auch in Nordamerika gibt es bedeutende Vorkommen an Seltenen Erden. Doch bis diese abgebaut werden können, bedarf es noch einiger Jahre an Exploration, Genehmigungen, Umweltauflagen,… . Die Wichtigkeit an Seltenen Erden für die Industrie lässt sich anhand von Beispielen aufzeigen. Mit Neodym und Europium etwa lassen sich große Permanentmagnete herstellen, die man in Windkraftanlagen einbaut. Nur so lassen sich Windkrafträder der Größenordnung drei Megawatt und mehr konstruieren. Mit Europium wird zum Beispiel der rote Farbstoff in LCD Bildschirmen gebildet. Analysten schätzen den weltweiten jährlichen Umsatz an Seltenen Erden in der Industrie auf 3,4 Billionen Euro, das entspricht 5% des globalen BIP. Ein Engagement in den Rohstoffunternehmen scheint als interessanter Gedanke, doch Vorsicht, die entsprechenden Anlagen sind äußerst volatil. Langfristig gesehen kann sich auch ein Investment direkt über z.B. eine geschütze Verwahrung rentieren. Alternativen dazu gibt es auch in verwalteten handelbaren Anlageformen.

Megatrends

Demographietrend vs. Agrarwirtschaft – 2050 dürften nach Prognose der UNO rund 9,3 Milliarden Menschen leben, davon allein 5,1 Milliarden in Asien, gefolgt von Afrika. Dabei liegt Afrika mit einem Bevölkerungszuwachs von 120% auf Platz 1 . Somit hat die Agrarbranche eine enorme Herausforderung, die steigende Nachfrage nach Agrarprodukten nachzukommen, weil Ackerfläche nicht unbegrenzt vorhanden ist. Der Flächenschwund muss durch effektive Anbaumethoden kompensiert werden. Dazu zählen Düngemittel, leistungsstarke Maschinen und optimiertes Saatgut. Damit empfehlen sich verwaltete Anlagen im Agrarbereich mit Schwerpunkt Hersteller, Düngemittel und landwirtschaftliche Maschinen, Saatgutproduzenten und Betreiber von landwirtschaftlichen Betrieben.

Demographietrend vs. Überalterung – entgegen dem vorherigen Thema empfiehlt sich in den Industriestaaten mit Überalterung ein Investment in Bereichen der Altenpflege, dies kann z.B. durch Beteiligungen an Pflegegesellschaften, Investitionen in Pflegeheimen, Kauf von Pflegeimmobilien oder auch im Rahmen der eigenen privaten Vorsorge geschehen.

Demographietrend vs. Wasser – Durch den Anstieg der Weltbevölkerung in vielen Regionen leiden aber allen voran Asien und Afrika unter chronischem Wassermangel, welcher sich in den kommenden Jahren weiter verstärken wird. Daher sind Investionen in Förderung und Reinigung und damit effiziente Technologien weltweit ratsam.

Demographietrend vs. Infastruktur – Die Bevölkerungszunahme ist ein Grund, wieso diese Länder in den nächsten Jahren stark expandieren. Denn je stärker das Bevölkerungswachstum, desto größer die Konsumausgaben. Daraus ergibt sich auch , dass die Infastruktur ausgebaut werden muss. Fehlende Straßen und Schienen, wie in vielen Teilen Asiens und Afrikas, sind dann wachstumsschädlich. Denn Infastrukturprojekte sind ein wichtiger Faktor um die Binnenwirtschaft anzukurbeln, dies gilt sowohl für Industriestaaten als auch für Entwicklungsländer. Ob man dabei über professionell verwaltete Investments oder in direkte Beteiligungen investiert, ist eine Frage der persönlichen Einstellung und Strategie.

Next Eleven – Darunter versteht man die elf bevölkerungsreichsten Schwellenländer, deren Aufschwung ähnliche Folgen für die Weltwirtschaft haben könnte wie seinerzeit die BRIC-Länder. Diese Länder sind Bangladesch, Ägypten, Indonesien, Iran, Südkorea, Mexico, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Türkei und Vietnam. Dabei geht es um drei Schlüsselthemen: sie alle profitieren erheblich vom Wachstum Chinas (z.B. von der Auslagerung der Produktion von China in diese Länder), daraus resultierenden Infrastrukturmaßnahmen um dieses Arbeitsaufkommen bewältigen zu können. All diese Länder verfügen zudem über große, wachsende Binnenmärkte, die ihre Abhängigkeit von den entwickelnden Märkten verringern. Für westliche Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollen, sind vor allem die vergleichsweise niedrigen Produktionskosten interessant. Letztendlich hängt die Wachstumsentwicklung aber entscheidend von der Infrastruktur ab. Produktions- und Wirtschaftswachstum sowie damit verbunden ein Anstieg des Lebensstandards der Bevölkerung erfordert entwickelte Straßennetze, Stromversorgung, Telekommunikation und sauberes Wasser. Was hierzulande als selbstverständlich gilt, muss dort erst noch entwickelt und bezahlt werden. Bereits jetzt machen die Next Eleven 19% der Weltbevölkerung aus, der Anteil junger Menschen ist sehr hoch und die Zahl der Gutverdiener steigt. Daher schafft ein Anstieg des Binnenkonsums Gelegenheiten für Investments im gehobenen Konsumgüterbereich und im Basiskonsumgütersektor.

GME – Great Middle East, der Nahe Osten wird hierzulande als Erdöllieferant und Krisenherd wahrgenommen. Dabei wird nicht beachtet, dass das Bruttosozialprodukt aller Nationen der Golfregion (Bahrain, Kuweit, Katar, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Saudi Arabien) plus Türkei und Israel größer ist als das von Russland oder Brasilien. Knapp 60 % der in der Region lebenden 220 Millionen Menschen sind heute unter 30 Jahre alt. Dies führte in diesen Regionen bereits zum Umdenken, da das scharze Gold nicht ewig reicht. Dienstleistungen machen bereits 50% der Wirtschaftsleistung der GME Staaten aus. Steigender Wohlstand und wachsende Nachfrage nach Konsumgütern und Finanzprodukten tun ihr übriges. Dubai wird sich bis 2017 zur Verkehrs- und Handelsdrehscheibe in dieser Region entwickeln und einen der größten Flughäfen der Welt betreiben. In Abu Dhabi spielt nicht nur Dienstleistung, sondern auch die Produktion in der Luftfahrttechnik, der Halbleitertechnologie und der Aluminiumherstellung eine immer größere Rolle. Zudem werden Investitionen in Milliardenhöhe in die diversen Universitäten vergeben , was Abu Dhabi zu einem viel beachteten Bildungsstandort gemacht hat, welcher nach und nach den USA den Rang abläuft. Da diese Märkte schwer zu analysieren sind, sollten Anleger auf spezialisierte Vermögensverwalter setzen um vom Boom zu profitieren.

 

Für den Leser sei gesagt, dass es sich hierbei um Anregungen/Ideen meinerseits handelt, welche bei mir in den Geldanlagegesprächen thematisiert werden.

Maik Sammer, 19. Juli 2013